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Purpur und Weiss: Farbbedeutungen im Mittelalter

Der Blick auf Textilien und Handschriften eignet sich, um den symbolischen Sinngehalt von Farben im europäischen Mittelalter deutlich zu machen. Beispielhaft wird dies an den Farben Rot, Purpur, Weiss und Gold aufgezeigt.

Der Liber Pontificalis, eine vom sechsten bis ins neunte Jahrhundert chronologisch geführte Biografie der Päpste, erwähnt rote und purpurfarbene Vorhänge, die in römischen Kirchen aufgehängt wurden. Im dreizehnten Jahrhundert gibt Wilhelm Durandus eine allegorische Erklärung: Die roten Vorhänge stehen für die Nächstenliebe. Die christliche Exegese nimmt aber auch die Metapher von Purpurfarbe und Körper (oder Blut) auf und verwendet sie für die Passion Christi oder das Blut der Märtyrer. Weiss dagegen steht für Makellosigkeit, Heiligkeit und himmlischen Glanz. Die weisse Farbe bezeichnet auch irdische Schönheit im Sinne von Tugendhaftigkeit oder körperlicher Reinheit. Rot und weiss fallen zusammen in der Stelle «mein Geliebter ist weiss und rot» im Hohelied (5:10). Die Exegese sah in dieser Passage die Doppelnatur Christi: Im Sohn Gottes vereinte sich der makellose und doch menschliche Körper (rot) mit der Gottheit und dem Geist (weiss).

Auch in der Buchmalerei kommen solche Farbkonzepte zum Tragen. Eine Pergamentseite in Purpur und Weiss mit einem geometrischen Ornament wird zur Metapher eines Vorhangs, der den Text der vier Evangelien «verhüllt». Der Zugang zu ihnen erfolgt durch Öffnen des Vorhangs ? nicht nur physisch sondern auch metaphorisch: Das Evangelium ist nicht nur wörtlich, sondern auch in einem spirituellen Sinne zu verstehen. Farben und Materialien gehen im Mittelalter oft solche sinnstiftenden Verbindungen ein und erweitern religiöse Objekte auch im spirituellen Sinn.

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