Kein Gartendenkmal und doch erhaltenswert!
Villenquartiere des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, aber auch Einfamilienhausquartiere und Wohnsiedlungen der Zwischen- und frühen Nachkriegszeit gehören neben den öffentlichen Parkanlagen zu den wichtigsten Grünräumen unserer Städte und Agglomerationen. Ihre Bewohner und jene benachbarter, weniger privilegierter Quartiere nutzen die wenig befahrenen Nebenstrassen nämlich als Spazierwege und erleben über den Gartenzaun Gehölze und blühende Pflanzen im Wechsel der Jahreszeiten.
Es handelt sich zumeist um «alte» Gärten ohne gesetzlich relevante Denkmalsubstanz: Anonyme Anlagen, die in ihrer räumlichen Organisation, Materialwahl und Bepflanzung die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Epoche erkennen lassen, oder weniger bedeutende Werke eines Gartenarchitekten. Viele dieser Gärten haben gute und schlechtere Zeiten erlebt. Veränderungen in kleinem oder grösserem Massstab zeugen von Handänderungen und Generationenwechseln oder von der kontinuierlichen, oft sehr persönlichen Auseinandersetzung eines langjährigen Eigentümers mit seinem Garten.
Die zunehmend stärkere Ausnutzung der Grundstücke, der Wunsch nach weniger Pflegeaufwand, veränderte Gestaltungskonzepte, Vernachlässigung und schleichende Zerstörung durch Einbauten (Parkplätze, Bassins etc.) haben in den grünen Quartieren unserer Städte bereits zu massiven Verlusten geführt, die auch die Denkmalpflege beunruhigen müssen. Denn selbst wenn das Haus erhalten werden konnte: Jeder zerstörte alte Garten, der einst dazugehörte, reisst eine Lücke in die städtebauliche Struktur und den zeittypischen Charakter eines Quartiers. Der traditionelle Dialog zwischen Architektur und Garten geht verloren. Und je mehr alte Gärten mit historischem Pflanzenbestand verschwinden, desto mehr gehen auch traditionelle gärtnerische Handwerkstechniken und Reservoire alter Gartenpflanzen verloren ? eine Ressource, auf welche die Gartendenkmalpflege dringend angewiesen ist.
Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger sollten deshalb bei den viel häufigeren Gebäuderestaurierungen vermehrt auch auf die Bedeutung des Gartens für das Ensemble, das aus Haus und Garten besteht und für das ganze Quartier hinweisen.
Bild: Johannes Stoffler
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