Verborgenes entdecken
Das sichtbare Licht lässt uns die Oberfläche eines Werkes wahrnehmen. Zur Beantwortung der Fragen nach dem innerem Aufbau, der Konstruktion, der Entstehungsgeschichte und des Zustands von Kunstwerken haben die Restauratoren und Kunstwissenschaftler seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Röntgenstrahlen als Werkzeug in der Hand. Damit ist es möglich, in das Innere von Kunstobjekten vorzudringen, ohne zerstörerische Manipulationen am Objekt. Seit 1931 kommen eigens für die Bedürfnisse des Kunstbereichs optimierte Röntgengeräte zum Einsatz.
Die energiereichen Röntgenstrahlen können durch Objekte hindurch strahlen. Je nach Dichte und Dicke werden dabei die Strahlen unterschiedlich absorbiert. Die unterschiedliche Intensität der Reststrahlung ist dann ein Abbild der inneren Dichteunterschiede des Objekts, welche auf einem Röntgenfilm festgehalten werden. Die Kenntnisse von verborgenen Strukturen und den Veränderungen helfen, das Kunstwerk und dessen Genese besser zu verstehen. Für die Restauratoren ist es zusätzlich wichtig, das Ausmass und die Lage verborgener Schäden zu kennen, da dies die Massnahmen zu Konservierung und Restaurierung entscheidend beeinflusst.
Röntgenuntersuchungen wurden jahrzehntelang vor allem bei Gemälden und Skulpturen sowie in der Archäologie angewandt. Mit dem Einzug der Moderne und der Erweiterung des Kunstbegriffs sowie den vermehrten Anstrengungen, zeitgenössische Kunstwerke und Designobjekte zu erhalten und somit zu erforschen, wird die Radiografie auch für deren Untersuchung herbeigezogen. Durchstrahlt werden Wachssiegel und Wasserzeichen, Wandverkleidungen, Sandsteinreliefs oder Zementskulpturen aber auch Kunststoffmöbel oder gar Bauteile alter Radioempfänger.
Bild: HKB, Thomas Becker
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