Die Mühle als treibende Kraft der Industrialisierung des St. Imier-Tals
Der Beginn der Industrialisierung hängt direkt mit den verfügbaren energetischen Ressourcen zusammen. In der Schweiz war, mangels Kohlevorkommen, Energie bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts meist entlang von Flussläufen verfügbar. Im St. Imier-Tal sind es die Schüss und ihre Zuflüsse, die zu einer Konzentration der Industrie führten. Um 1760 zählte man in der Herrschaft Erguel an der Schüss 33 Wasserkraftbetriebe, bei denen rund 100 Wasserräder 120 Maschinen in Gang setzten. In der Hauptsache handelte es sich dabei um Kornmühlen, ferner auch um Stampfen und Sägen. Mitte des 18. Jahrhunderts führte der Aufschwung der Indienne-Stoffe in Neuenburg und Mulhouse zu einer Zunahme der Walkmühlen im Erguel. Bald jedoch stürzte die englische Konkurrenz die helvetische, insbesondere die Neuenbruger Textilindustrie in grosse Schwierigkeiten und Walkereien und Färbereien an der Schüss verschwanden vollständig.
1787 unterbreiten François Louis und Ferdinand Meyrat dem Souverän das Projekt einer Mühle, welche die Gold- und Silberabfälle von Goldschmieden aufbereitet und verarbeitet. Im Jahr 1801 hat der Betrieb zwar zwei Drittel seiner Grösse eingebüsst, doch die Mühle überlebt bis Mitte des 19. Jahrhunderts: 1866 erwirbt Ernest Francillon die Anlage, um darin die Uhrenmanufaktur Longines aufzubauen. Die neuen Uhrenbetriebe entstehen an Stelle der alten Mühlen, Stampfen oder Sägen, die im Gegenzug zerstört werden. Dank der vielen Betriebe entlang der Schüss, profitiert das St. Imier-Tal schon sehr früh von der Stromproduktion privater Wasserkraftwerke. Neben anderem führt das dazu, dass Cormoret als erstes Schweizer Dorf 1885 eine öffentliche elektrische Beleuchtung erhält.
Bild: Archives Longines, Foto Fred Boissonas