Im Schatten von Denkmälern
Der Basler Bahnhof – der erste, der in der Schweiz entstand – ist ein Prunkstück. Seit jeher achteten die SBB bei allen Neuerungen darauf, das Bestehende mit dem Neuen zu kombinieren. Grosse Veränderungen erfolgten 2003 mit der Passerelle, über die nun der Zugang zu den Geleisen erfolgt, und wo sich zahlreiche Geschäfte befinden. Die Architektur, das Reisen und der Konsum bilden gemeinsam einen Ort des Genusses. Der Bahnhof ist öffentlicher Raum, dessen zentrales Merkmal die Zugänglichkeit für alle Menschen ist. 130 000 Personen halten sich hier täglich auf. Sie wollen ein gepflegtes Ambiente, reibungslose Abläufe und Sicherheit. Je homogener dieser Raum gestaltet wird, desto mehr fällt das Abweichende auf, wie beispielsweise Randständige. Mit ihnen gab es nach dem Umbau von 2003 vermehrt Konflikte.
Der Verein für Gassenarbeit «Schwarzer Peter» initiierte einen runden Tisch, wo sich alle Beteiligten regelmässig treffen, um die anstehenden Probleme zu lösen und Regeln für die gemeinsame Nutzung des Raumes zu erarbeiten. Eine solche Lösung ist das «Soup&Chill», ein Treffpunkt in einer Abbruchliegenschaft der SBB beim Hinterausgang des Bahnhofs. Hier treffen sich Erwerbslose, ältere Alkoholiker, Punks, Skins – wer die Türschwelle überschreitet, gehört dazu. Solche Interventionen der Gassenarbeit korrigieren Entwicklungen, bei denen die sozialen Funktionen des öffentlichen Raumes beeinträchtigt werden, um den Konsum zu stimulieren. Denn darauf zielen, gemäss einer Untersuchung, aktuelle Sicherheitsstrategien ab.
Mit der Einrichtung von Treffpunkten und mit Regeln kann man auch Randständigen einzelne Nischen an solchen Orten zur Verfügung stellen. Und diese braucht es, damit sich eine alternative Kultur entwickeln kann. Auch Jugendliche, Alte, Randständige brauchen Orte, die sie geniessen können, das entspricht den Grundsätzen von Urbanität und Öffentlichkeit. Es müssen keine «Prunkstücke» sein.
Bild: Claudia Adrario, Basel