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Heidis Heimat: Ein idealtypisches Schweiz-Bild als Produkt von Austausch und Einfluss

Heimat ist nicht gegeben, sondern gewachsen. Sie ist ein Geflecht aus persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen sowie aus Elementen des kollektiven Bewusstseins. Allgemeingültiges ? «Typisches» ? mischt sich mit Individuellem und umgrenzt das vertraute Feld «Heimat». Heimat wird erst bedeutend bei einem tatsächlichen oder nur drohenden Verlust. Gegen den Einbruch des Fremden wird das Eigene in den Vordergrund gerückt, der Unterschied, das ? stets positiv konnotierte ? Anderssein wird zu dem, was bewahrt, gepflegt werden muss. Der Heidi-Roman der Zürcher Schriftstellerin Johanna Spyri (1827?1901) ist ein Beispiel für die Konstruktion von Heimat. Das romantische und idealtypische Bild der Schweiz, wie es in Spyris Buch beschrieben ist, wird heute lukrativ vermarktet.

Im Kinderbuch wird dabei vor allem eines klar: Heimat entsteht als Produkt des Austauschs zwischen der Bergwelt und der Stadt. Heidi trägt vermittelnd die Schätze der einen Welt in die jeweils andere hinüber. Manche Elemente, die Berge mit ihrer gesunden Luft als Lebenswelt tüchtiger und tapferer Menschen, gehen auf das 16. Jahrhundert zurück. Im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts waren es dann die Berichte von Wissenschaftlern und Reisenden, die das Bild der Alpen und seiner Bewohner weiter festigten und vertieften. Die unwirtliche Bergwelt wurde als Ausdruck des Erhabenen gesehen, der primitive, rohe Bergler zum ursprünglichen, unverdorbenen und freien Menschen stilisiert. Johanna Spyris Heidi-Roman zeigt exemplarisch, wie sich Vorstellungen eines helvetischen Nationalcharakters, der romantischen Idealisierung der Alpen, der Schweizer Arbeitsmigration, der «Schweizerkrankheit» Heimweh sowie Zuständen aus der Gegenwart der Autorin zu einem Bild der Heimat ? der Schweiz ?verdichten. Es besteht bis heute.

Bild: Jeanmaire & Michel, Bern

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